Unterwegs Richtung Argentinien




Was lange wärt…am Donnerstagvormittag (15.11.) läuft die Grande Amburgo tatsächlich im Hafen von Montevideo ein. Dank der Schiffsverfolgungs-APPs können wir den „genauen“ Zeitpunkt sehen und stehen pünktlich um 9 Uhr an der Mole, um das Schiff mit unserem Auto herzlich willkommen zu heißen. Jetzt schnell abladen und her mit dem PuCe!
Erleichtert und beschwingt verbringen wir den Tag auf unserer Dachterrasse und mit Vorbereitungen für den Umzug wieder ins eigene Heim. Koffer packen, Papiere griffbereit sortieren, Wohnung aufräumen, etc.. Und zur Feier des Tages gehen wir nochmal richtig gut Parrilla im Mercado del Puerto essen.
Aufgrund diverser Bestimmungen (internationales Seerecht?) müssen wir warten, bis die Grande Amburgo gegen 10 Uhr am nächsten Tag den Hafen verlassen hat. Endlich die ersehnte Nachricht von der Reederei gleich um die Ecke, dass wir unser „bill of lading“ abholen und uns in den Behördendschungel begeben können. Die stock-number (also der Abstellort unseres Fahrzeuges) wird noch per Email zugesandt. Na dann. Wir haben bewusst auf die Hilfe eines Agenten verzichtet, der uns gegen eine saftige Gebühr zwar den ganzen Papierkram abgenommen hätte, jedoch auch den dazugehörigen Spaß (das wird sich noch zeigen…).
Schonmal vorweg: am Ende des Tages, genauer gesagt, um 16h45 = 15 Minuten vor Büroschluss der letzten Stempelstation (Zollfreigabe zur Einfuhr unseres Autos) fallen wir uns glücklich in die Arme. Dieser verrückte Tag erinnert uns an die Suche nach dem Passierschein A38 von Asterix und Obelix.



Zwar sind wir mit einer Prozess- und Ablaufbeschreibung versorgt worden, diese hat aber nur einen minimalen Mehrwert gehabt. Denn die Prozesse scheinen sich immer mal wieder zu ändern; vor allem die Örtlichkeiten mancher Anlaufstationen. Gleich zu Beginn an der ersten Station (Hafenbehörde) treffen wir Julien aus Frankreich, André aus Deutschland und noch ein weiteres Paar aus Spanien, mit denen wir heute gemeinsam auf Schnitzeljagd gehen werden.
Gebühren zahlen und ein Dokument erhalten, dann geht es weiter zum Zoll (wie wir noch feststellen werden, gibt es mehrere Zollstellen, die aber nichts voneinander wissen oder wissen wollen): Vorzeigen aller bisher gesammelten Papiere, danach den Zugang zum eigentlichen Hafengelände beschaffen. Angeblich fährt auf dem riesigen Areal ein Shuttlebus im Kreisverkehr; allerdings nur etwa jede halbe Stunde. Daher ist es schneller, die Strecke zum nächsten Stempel (bis zu 2km) zu Fuß zu laufen. Und ja, wir haben uns auch verlaufen bzw. sind einige Strecken unnötigerweise zweimal gelaufen – die verschiedenen zumeist gelben Container („container amarillos“) sind auf dem Gelände gut versteckt.






Weiter zum nächster Schritt: der Orden de Trabajo muss her. Ein Arbeitsauftrag, dass auch tatsächlich auf dem Hafengelände eine Arbeit verrichtet wird. Wieder bei einer Zolldienststelle, allerdings – wie oben schon erwähnt – anderer Zoll und anderes Gebäude, von dem die ersten Zöllner nicht wussten, wo die sich nun befinden. Eine knappe Stunde Wartezeit, weil irgendeine Information unserer Fahrzeuge von dem Ablade-Subunternehmer noch nicht in den Datenbanken eingepflegt wurde.
Kurioserweise wird dieser Orden de Trabajo beim nächsten Stempler im dunkelgelben Container in etwa 1km Entfernung gleich wieder geschlossen. Hä? Wir haben doch noch gar nichts „gearbeitet“. Wir fügen uns…“folge dem Prozess“. Der Papierstapel wächst und wächst; bloß nichts verlieren!
Jetzt weiter zum hellgelben Container im Depo22 (natürlich total versteckt im hintersten Winkel des Hafengeländes). 20 Minuten Fußmarsch später sind wir im Besitz eines weiteren und hoffentlich letzten Papiers vor Übernahme unseres Autos. Und tatsächlich; wir werden zu einem riesigen Fahrzeuglager geschickt, wo unser PuCe stehen soll.
Von der vielen Sonne und Hitze durchgekocht, ist die Freude riesig als wir dort ankommen und unser PuCe innen und außen unversehrt auf uns wartend vorfinden. Die Schlüssel sollen wir aus einer Kiste mit gefühlt 50 weiteren herausfischen. Wir waren doch ziemlich nervös, ob sich nicht doch jemand an den Innereien bedient haben könnte (die Fahrzeuge bleiben ja während der gesamten Überfahrt unverschlossen). Aber alles pickobello. Selbst die original Nürnberger Elisenlebkuchen für die Adventszeit sind noch da!

Im Fährterminal der Firma Buquebus soll sich der nun letzte Prozessschritt vollziehen. Mit dem Auto beim Einfuhrzoll vorfahren zur Ausstellung der Einreisepapiere für Uruguay. Also nichts wie hin. Die Zeit drängt. Wir werden von einem netten Wachmann in die Tiefen der Katakomben des Gebäudes begleitet. Am Schluss geht es dann allerdings schnell; der Zöllner hat schon den Feierabend vor Augen, druckt ein weiteres Papier aus und knallt schwungvoll den ersehnten Freigabestempel drauf. Ob er das Fahrzeug nicht noch inspizieren will? Antwort: keine Zeit mehr. Schaut, dass ihr wegkommt. Gute Reise und willkommen in Uruguay.
Da wir heute Abend noch zum Paraiso Suizo (Campingplatz am Río de la Plata) etwas außerhalb von Montevideo fahren möchten, sputen wir uns, unser Gepäck aus der Wohnung ins PuCe umzuladen. Einfach in der Altstadt vor der Wohnung anhalten und Warnblinker raus. Keinen stört’s. Sogar die Passanten helfen beim Reinwuchten der drei schweren Taschen.





Bei Heinz und Silvia im Paraiso Suizo fühlen wir uns so wohl, dass wir spontan beschließen, ein paar Tage zu bleiben. Einräumen, umräumen, sortieren, am Strand spazieren, Sonne genießen. Und vor allem mit den anderen Langzeitreisenden – einige kommen gerade erst an, andere sind schon am Ende ihrer Reise – zu quatschen und Informationen auszutauschen. Ein herrlich entspanntes Fleckchen Erde.
Auf dem Weg Richtung argentinischer Grenze gibt es einige Sehenswürdigkeiten zu entdecken, z.B. das Casa del Águila (Adlerhaus). Dieses Haus wurde von einem Italiener als Rückzugort in Form eines Adlerkopfes gebaut, um aus den „Augen“ Strand und Meer beobachten zu können.
Kurz vor Colonia del Sacramento übernachten wir in Nueva Helvecia auf dem Gelände des Hotels Granja Suizo. Der Name sagt es schon. Eine Mitte des 19. Jahrhunderts von Schweizer Auswandern gegründete Ortschaft, in der heute noch das Schweizer Brauchtum gepflegt wird.



Colonia del Sacramento empfängt uns mit Sonne pur. Durch das Stadttor (Portón de Campo) schlendern wir durch die Altstadtgassen, vorbei am Leuchtturm, über verschiedene Plätze, auf holperigem Kopfsteinpflaster entlang schöner Häuschen, die oft mit imposanten Bougainvillean bewachsen sind. Auf vielen Straßen liegen heute noch die originalen Pflastersteine aus dem frühen 18. Jahrhundert. Die Kirche Iglesia Matriz ist die älteste Kirche in Uruguay. Was für ein zauberhaftes Städtchen!
Ursprünglich portugiesische Niederlassung am Río de la Plata, ist Colonia del Sacramento die älteste Stadt Uruguays, gegründet 1680. Lange Zeit war das Städtchen Zankapfel zwischen den Kolonialmächten Spanien und Portugal und wurde mehrfach hin und her erobert. Den portugiesischen Einfluss kann man deutlich an den Gebäuden und den Gässchen erkennen. Seit 1995 gilt die Ciudad Vieja als Weltkulturerbe der UNESCO.
Heute campen wir das erste Mal „wild“ direkt am Strand des Río de la Plata unter Palmen.


Die Grenze zu Argentinien liegt nun nicht mehr fern. Um den Río Uruguay überqueren zu können, müssen wir allerdings noch ein gutes Stück nach Norden, nach Fray Bentos. Hier „unten“ ist er einfach noch zu breit. Wir machen noch einen Stopp bei den Ruinen des Jesuitenklosters Caleras de las Huérfanas. Im 18. Jahrhundert war auf dem Gelände eine Jesuitenmission mit vielen Produktionsstätten untergebracht, u.a. für das Brennen von Kalk in riesigen am Fels gemauerten Brennöfen. Von hier aus wurde der für die Mörtel- und Zementherstellung so wichtige Baustoff auch nach Montevideo und Buenos Aires geliefert. Von all dem zeugen heute noch die Kapelle, besagte Öfen etwas abseits und viele Fundamente der diversen (Gesinde-) Gebäude. Immerhin waren zu Hochzeiten fast 400 Menschen am Werk.






In Fray Bentos suchen wir uns einen traumhaften Platz wieder direkt am Ufer des Flusses, nun des Río Uruguay. Neben dem Gelände eines weiteren UNESCO-Weltkulturerbes. Das Museo de la Revolución Industrial; in dieser ehemaligen Fleischfabrik waren bis 1979 fast 4000 Arbeiter damit beschäftigt pro Tag 2000 Rinder zu schlachten und hauptsächlich zu Fleischextrakt für den Export zu verarbeiten. Erfinder der Extraktkonservierung von Fleisch waren übrigens zwei Deutsche: der Unternehmer Georg Giebert und der Chemiker Justus von Liebig. Wir werden von zwei deutschen Mädels, die ihr freiwilliges soziales Jahr leisten, durch die Anlagen und die angrenzenden Gebäude geführt. Uns faszinieren die alten, langsam verfallenden Industrieanlagen mit ihren archaisch anmutenden Maschinen und originalen Einrichtungen sowie die dazugehörigen Geschichten.
Mit Monica und Guto aus Kolumbien albern wir ein bisschen über die Größe unserer Wohnmobile. Die beiden sind insgesamt 2 Jahre unterwegs…


… da würde ich auch lieber das PuCe nehmen…. Habt eine wunderschöne Zeit! Euer Reisebericht ist so beeindruckend – ich „verfolge“ euch seit heute, habe aber den ganzen Reisebericht schon gelesen.
Liebe Grüße, Jutta
Hallo ihr beiden. Das sieht ja richtig nach Spaß aus bei euch. Deine Berichte sind echt super. Habt eine schöne Zeit und erlebt tolle Abenteuer. LG Hartmut und Ines
Salut vous deux!. Carl here. So you have finally started your long awaited adventure. I will follow your travels with pleasure and wish you all the best, or „Lemieux“ in the coming months.
I’m on bord…
Best wishes,
Your BBQ teacher.
Carl
Liebe Patricia, Lieber Christian,
vielen lieben Dank für die tollen Bilder und den super Reisebericht. Ich bin echt total begeistert und freue mich, dass alles super läuft! Ich wünsche Euch immer genug Diesel und Wasser im Tank und viele tolle Erlebnisse,
Es Grüßt aus dem verschneiten Deutschland bei -1°C,
Tristan