Estamos de vuelta



Es ist großartig wieder in Buenos Aires zu sein. Die Stadt und das pulsierende Leben hier üben eine große Faszination auf uns aus. Diesmal haben wir Bus und Fähre der Firma ColoniaExpress genutzt, um den Rio de la Plata zu überqueren – genauso gut wie Buquebus im März allerdings um einiges günstiger im Tarif.
Unser Airbnb-Apartment befindet sich in einem neuen und sehr gepflegten Gebäude (kurios: Eintritt zum Gebäude nur mit Fingerabdruckscanner = ungebetene Besucher Fehlanzeige!); sehr zentral und nur wenige Schritte vom Plaza de Mayo entfernt, dem Hauptplatz in Buenos Aires mit dem rosaroten Präsidentenpalast (Casa Rosada), der Kathedrale und dem alten, glänzend weißen Rathaus (Cabildo).
Da es Sonntag ist, besuchen wir als erstes die Feria in San Telmo. Der Straßenmarkt mit all seinen Künstlern, Musikern, Tänzern und unzähligen kleinen Verkaufsständen hat uns schon bei unserem ersten Besuch in seinen Bann gezogen. Man merkt, dass hier bald Hochsaison sein wird – es ist zwar schon einiges los, aber noch ist es angenehm, im Strom der gut gelaunten Touristen mit zu schwimmen.
Wenige Meter weiter die Calle Defensa runter, am Plaza Dorrego, wird Tango und Merengue getanzt. Überall spielen Straßenmusikanten.


Am Straßenrand entdecken wir einen kleinen Grillstand – also wirklich klein (unser Kugelgrill im Garten ist größer) – mit nur einer Speise im Angebot, die der Meister hier zubereitet: Choripan. Eine gegrillte, wie ein Schmetterling aufgeschnittene Chorizo im Brötchen mit Chimichurri und Salsa Criolla, quasi eine Bratwurstsemmel oder wie man im Fränkischen dazu sagen würde: Drei im Weggla. Unser erstes Choripan. Schmeckt hervorragend!










Wir lassen uns bis zum Abend treiben und genießen zum Abschluss ein sensationelles Abendessen (Fleisch) im Restaurant „La Brigada“. Das wurde uns von dem Fotografen Nacho empfohlen, eigentlich heißt er ja Ignazio. Ihn haben wir zufällig getroffen und er hat uns, nachdem er gehört hat, dass wir aus Stade seien, einige Buenos Aires Geheimtipps gegeben. Warum erst dann? Weil er nämlich letztes Jahr selbst einige Wochen in Stade zu Besuch war, um in Stade-Ottenbeck (!) ein Künstlerprojekt zu machen. Ca. 400 Meter Luftlinie von unseren Haus entfernt. Die Welt ist wirklich klein geworden.
„La Brigada“ ist bekannt für gutes Asado und eigentlich immer ausgebucht. Die Regeln sind strikt: um Punkt 20 Uhr (und keine Minute früher) werden die Türen geöffnet und die lange Schlange vor dem Lokal zwängt sich, einer nach dem anderen, am argusäugigen Chef vorbei in den Vorraum. Er steht wie ein Dirigent leicht erhöht auf dem Treppenabsatz und zusammen mit seiner Mannschaft werden die Tische mit den „reservierten Gästen“ belegt. Heute scheinen einige aber nicht zu der geforderten Zeit – wir erinnern uns: 20 Uhr – erschienen zu sein.
Alle nicht reservierten, wie wir, kommen auf eine Warteliste und bleiben mitten im Lokal stehen. Peu a peu werden nun die Wartenden und Hoffenden aufgerufen. Sobald der jeweils eigene Name fällt = einen Tisch ergattert, ist die Freude in der Truppe groß. Wir haben mal wieder Glück!
Alles ist mit internationalen Fußballdevotionalien, Trikots, Pokalen, Wimpeln und anderen Fanartikeln dekoriert. Ein witziger und verrückter Ort mit einem sehr, sehr guten Grillmeister. Auch den Wein hat uns Nacho (siehe oben) empfohlen: ein Rutini Classico Malbec aus dem argentinischen Mendoza Weingebiet. Wir schlemmen und genießen die ausgelassene und zugleich entspannte Stimmung.



Für das Teatro Colón am nächsten Tag haben wir uns die Tickets für die Besichtigungstour bereits im Vorfeld besorgt. Es wurde am 25. Mai 1908 eröffnet und gilt als eines der wichtigsten Opernhäuser der Welt. Diesmal hatten wir genug Zeit, um an einer Führung teilzunehmen, die unserer Meinung absolut lohnenswert ist.
Das Gebäude, im neoklassizistischen Stil erbaut, beeindruckt mit seiner prächtigen Architektur und nimmt einen gesamten Häuserblock ein.
Übrigens: fast ganz Buenos Aires ist in diese jeweils 1 Hektar großen Blöcke aufgeteilt. Immer 100m x 100m. Und die Hausnummer der jeweiligen Straßen steigen landeinwärts, weg vom Rio de la Plata, auf. Macht die Orientierung mit etwas Übung dadurch extrem einfach.
Doch zurück zum Theater. Auf dem Gebäude thront eine gewaltige Kuppel, die von einer Statue der Euterpe, der griechischen Göttin der Musik, gekrönt wird. Die Fassade ist mit zahlreichen Skulpturen und Verzierungen geschmückt. Für die fast schon obszön luxuriös und überschwänglich wirkende Ausgestaltung wurden massenhaft Marmor aus Carrara und andere Baumaterialien aus Europa, vor allem aus Italien importiert. Ein Zeichen für den einstmaligen Wohlstand der Stadt als Einfallstor nach Südamerika.
Im Inneren des Theaters befindet sich der Zuschauerraum mit einer Kapazität von rund 2500 Personen, bis zu 3000 rechnet man die Stehplätze dazu.
Neben dem Haupttheater verfügt das Teatro Colón auch über mehrere Proberäume, Werkstätten und ein Museum, das die Geschichte des Theaters sowie eine Sammlung von Kostümen und Requisiten zeigt.
Das Teatro Colón ist ein kulturelles Wahrzeichen von Buenos Aires und ein Muss für Kunstliebhaber, die die Stadt besuchen. Es wird oft als eines der besten Opernhäuser der Welt in Bezug auf Klangqualität und Akustik gelobt.
Wir waren erstaunt, dass die Tickets für die Aufführungen relativ erschwinglich sind und es sogar Stehplätze zu sehr günstigen Preisen zu kaufen gibt. Generell wird Kultur in allen Facetten sowohl in Argentinien als auch in Uruguay stark subventioniert, um dadurch allen Bevölkerungsschichten den Zugang zu ermöglichen. Der Eintritt zu vielen staatlichen Museen zum Beispiel ist kostenfrei. Trifft (leider) nicht auf die Touristenführung durch das Theater selbst zu. Da wird kräftig hingelangt. Wir können das aber angesichts der schlimmen wirtschaftlichen Situation gut nachvollziehen.
Ein paar Straßen weiter befindet sich das ehemalige Theater Ateneo Grand Splendid. Heute eine Buchhandlung; und was für eine. Es fühlt sich an wie ein Paradies für Bücherliebhaber und bietet eine einzigartige Atmosphäre zum Stöbern und Lesen. Auf der einstigen Bühne lädt ein Café zum Pause machen ein, im Parkett und auf den Rängen stehen hunderte Bücherregale mit einer Auslage zu scheinbar wirklich allen Dimensionen der Literatur und was sich dafür hält. Und in den Logen kann man auf alten, gemütlich gepolsterten Theaterstühlen eine Weile sitzen und ganz in Ruhe probelesen, während ringsumher immer noch die Aura der seinerzeit aufgeführten Theaterstücke nachwirkt.




Die Beschreibung unseres neuerlichen Besuchs des Cementerio de Recoleta ersparen wir uns und euch. Siehe dazu auch unseren Artikel „Schnupperwochen in Buenos Aires“. Aber es war ein Muss wieder zu kommen. Für uns ein Ruhepol zum Luftholen und Besinnen in der quirligen Metropole. In der Schlange vor dem Kassenhäuschen trafen wir zufällig auf eine englischsprachige Gruppe (Free-Walking-Tour auf Trinkgeldbasis), der wir uns kurzerhand angeschlossen haben. Mehr als zwei Stunden sind wir in die Geschichte und vor allem in die Geschichtchen rund um die Gräber, aber auch rund um die dort bestatteten „Reichen, Schönen und Wichtigen“ dieser Stadt, eingetaucht. Manchmal muss man eben etwas genauer hinschauen, z.B. zwei verfeindete Familien, deren Mausoleen jedoch nebeneinander stehen, drehten ihre jeweiligen Statuen auf den Gräbern so, dass sie sich nur mit dem Allerwertesten anschauen müssen…selbst im Tod spielt Eitelkeit scheinbar eine wichtige Rolle.
Am Dienstagnachmittag treffen wir einen Freund von Christian in seinem „Barrio“. Dazu müssen wir ein paar Stationen mit dem „Vorortzug“ vom Bahnhof Retiro Richtung Nordwesten fahren. Und hier schon wieder die nächste Überraschung. Der Bahnhof ist hypermodern (selbst die zentrale Leitstelle der Buenos Aires Eisenbahnen ist durch eine Glaswand von außen einsehbar), geschleckt sauber und natürlich gibt es wieder mal kostenfreies WLAN. Und wie nun an die Tickets kommen? Nichts ist einfacher: einfach die SUBE-Karte nutzen, die im gesamten ÖPNV-Verkehrsverbund von Buenos Aires gilt. An der Abfahrtsstation einscannen und an der Ankunftsstation am Drehkreuz erneut vorhalten. Der Tarif wird dann automatisch gemäß der gefahrenen Strecke vom aufgeladenen Guthaben abgebucht.
Im Zug wird es auch nicht langweilig. Fahrende Händler für kalte und warme Snacks, Brot-, Klopapier-, Sockenverkäufer und junge Rapper wechseln sich ab und unterhalten die Fahrgäste…Trinkgelder erwünscht.
Und wir mittendrin!
Kleiner, kurioser Einschub: da der Bau des hiesigen Schienensystems maßgeblich auf englische Unternehmer im 19. Jahrhundert zurückgeht, fahren alle Zuglinien immer noch im Linksverkehr; d.h. Ein- bzw. Ausstieg immer auf der linken Seite.
Das charmante Viertel Belgrano zeigt sich uns mit einer Mischung aus historischer Architektur (Einfamilienhäuser zum Teil älter als 120 Jahre), grünen Parks und gemütlichen Cafés. Hier befindet sich auch die privat geführte deutsche Pestalozzi-Schule, gleich neben der Jüdischen Schule und (etwas weiter die Straße runter) dem Muslimischen Zentrum. Gelebte Toleranz, denn keine dieser Einrichtungen hat besonderen Wachschutz, wie z.B. in Deutschland, oder (von außen sichtbaren) erhöhten Sicherheits-/Abschottungsdrang. Wir nutzen diesen großartigen Ort, um einen entspannten Spaziergang zusammen mit Ruben zu machen und die lokale Atmosphäre zu genießen.



Oder der oberste Dienstherr?


Beim letzten Besuch im März mussten wir aus Zeitgründen (oder auch weil wir schlicht und einfach noch in Unkenntnis ob der ganzen Highlights waren) einige Sehenswürdigkeiten auslassen, das wird jetzt nachgeholt.
Das mehr als imposante Kongressgebäude von Buenos Aires, der Palacio del Congreso, ist ein Musterbeispiel für neoklassizistische Architektur. Es ist der Sitz des argentinischen Parlaments und bietet eine interessante Möglichkeit, mehr über die politische Geschichte des Landes zu erfahren. Über die Calle de Mayo steht es in direkter Linie mit der Casa Rosada, dem Sitz des Präsidenten. Sicherlich ein bisschen abgeschaut von dem Grundriss der US-amerikanischen Metropole, wo ja , wenn auch über einen kleinen Knick, das weiße Haus (Sitz der Exekutive) über die Mall mit dem Kapitol als Sitz der Legislative verbunden ist.


Ein weiterer guter Tipp den wir erhalten haben, war der Besuch des Palacio Barolo. Er wurde zwischen 1919 und 1923 nach einem Entwurf des aus Italien stammenden Architekten Mario Palanti erbaut und ist in seiner Ausführung eine Hommage an Dante Alighieris „Göttliche Komödie“. Von seinem Leuchtturm auf der Spitze des Bauwerks aus wird man mit einer atemberaubenden Aussicht auf die Stadt belohnt.
Das Gebäude wurde von dem Unternehmer Luis Barolo in Auftrag gegeben, der als italienischer Einwanderer 1890 nach Argentinien kam. Die Gestaltung des Gebäudes gleicht dem seines „Zwillings“, des Palacio Salvo in Montevideo, der einige Jahre später und einige Meter höher gebaut wurde.
Die 22 Etagen sind in drei Sektionen unterteilt. Der Keller und das Erdgeschoss repräsentieren die Hölle mit entsprechenden schauerlichen Wand- und Deckenfiguren. Vom 1. bis zum 14. Stock befindet sich das sogenannte Fegefeuer, in dem alle zwei Stockwerke die 7 Todsünden – so die zugrundeliegende Idee – beim schmerzvollen Aufstieg nach oben gereinigt werden. Die Dekoration, komplex und üppig in der Hölle, mit ihren Skulpturen von fantastischen Tieren, wird immer spärlicher („gereinigt“), je weiter man sich dem Paradies nähert. Ab dem 15. Stock im sogenannten Torre del Barolo beginnt der Himmel. Hier gibt es so gut wie keine dekorative Ausgestaltung mehr. Alles pur und rein. Und erst wer hier angekommen ist, gelangt über eine immer schmaler werdende Treppe zum Aussichtspunkt im 22. Stock, dem Paradies.
Die Höhe von genau 100 Metern entspricht den 100 Gesängen der Göttlichen Komödie.
Wir waren mit unserem Führer ganz oben in der Glaskuppel – ein tolles Erlebnis – dem Himmel sehr nahe! Unsere Sündenlast haben wir buchstäblich während des Aufstiegs von der Hölle über das Fegefeuer ins Paradies ausgeschwitzt.
Als der Palacio Barolo 1923, nach nur dreijähriger Bauzeit, fertiggestellt wurde, war er für kurze Zeit nicht nur das höchste Gebäude der Stadt, sondern auch ganz Südamerikas.










Nach diesen schönen, mit phantastischen Eindrücken gespickten Tagen ging es dann über den Rio de la Plata zurück nach Montevideo.

Danke für die fremdländischen kulinarischen Tipps, bei uns gibts dann die Woche gleich „drei im Weggla“. Liebe Grüße von den Oberbayern