Hasta luego Chile und ganz im Norden von Argentinien




Nach unserer fantastischen Tour auf dem Altiplano entlang der bolivianischen Lagunen und über die Salar von Uyuni sind wir zurück auf dem AndesNomad-Campingplatz bei San Pedro de Atacama.
Dieser Platz zieht uns ähnlich stark an wie z.B. La Izuelina bei Santiago de Chile. Ist er doch für uns auf der erlebnisreichen Tour wieder eine Oase der Entspannung und des Durchatmens. Nicht zuletzt auch aufgrund unserer netten Nachbarn Heidrun und Friedrich mit ihrem Mercedes-LKW aus Soest.
Die Tage vergehen mit ach so tagesfüllenden Aufgaben wie ausschlafen, Auto putzen, LKW abschmieren, Wäsche in die Stadt bringen, Webseite aktualisieren, wieder Auto putzen (der feine Staub findet seinen Weg aber auch durch jede Ritze in die Kabine) und: Seele und Beine baumeln lassen.
Am späten Vormittag (vor dem dann gemeinsamen Frühschoppen) ziehen Christian und Friedrich meist los, um in der Umgebung Holz für das abendliche Grillen und Lagerfeuer zu besorgen.
Friedrich hat eine kleine Akkukettensäge dabei…hilft ungemein. Dafür kann Christian eine ordentliche Axt für die dickeren Äste beisteuern. Über die Tage wächst und wächst der zurechtgemachte Holzstapel. Erwischt hat uns Goot sei Dank keiner beim Holzsammeln :-).
Heidrun verwöhnt uns mit leckeren Kreationen rund ums Huhn bevor wir uns abends mit einem (oder zwei) Gläschen Rotwein um die wärmenden Flammen versammeln.
Doch ganz so untätig, wie es den Anschein haben könnte, waren wir dann am Ende doch nicht.
An einem Abend wurden wir kurz vor Sonnenuntergang zu einer Stargazing-Tour abgeholt. Nicht weit entfernt haben sich Hobby-Astronomen mit ein paar Teleskopen in einer tiefen Kuhle in den Wüstensand eingebuddelt, um das Streulicht auf der Oberfläche zu vermeiden, und empfangen unsere kleine Gruppe ganz herzlich mit einem Cocktail (Pisco Sour…was sonst!) und süßem Fingerfood. Über mehrere Stunden bestaunen wir die vergrößerten Sterne am südlichen Nachthimmel und versuchen den spanischen Erklärungen des eben gesehenen zu folgen. Ist wieder ein komplett neues Vokabular, das uns hier um die Ohren fliegt.
In der Atacama-Wüste scheinen die Sterne zum Greifen nah. Nur leider macht uns der dann aufgehende Vollmond einen (Licht-)Strich durch die Rechnung; denn er überstrahlt alles, so hell und klar, dass wir am Boden große Schatten in den Sand werfen. Also wird zum Ende unser nächster Trabant anvisiert und wir sind erneut sprachlos, ob der Schönheit dieses kalten Steinriesen mit seiner pockennarbigen Oberfläche.
Apropos kalt: uns wird es jetzt trotz dicker Kleidung langsam auch kalt. Kurz vor Mitternacht sind wir froh, zurück im warmen Camper zu sein.





Natürlich möchten wir das nur wenige Kilometer westlich von San Pedro liegende Valle de la Luna besichtigen. Mal wieder ein Mondtal. Aber was für ein schönes!
Am Westrand dieses Tals hat sich vor vielen Jahren ein Camperbus (war wohl ursprünglich ein alter amerikanischer Schulbus) im Sand festgefahren und ist dann von seinen Besitzern aufgegeben worden. Heute ein mehr oder weniger berühmtes Fotomotiv: der Magic Bus. Also nichts wie hin. Auf den letzten Kilometern verstehen wir denn auch, warum eine Bergung des Busses nicht möglich oder nicht realistisch war. Selbst wir kommen nur im Schleichgang und mit viel „oh weh“, „ach Gott“ und „pass auf“ über die felsigen Grate voran, bis sich schließlich vor uns das Mondtal eröffnet.
Berge aus purem Salz; im ersten Moment gar nicht als solche zu erkennen, da über und über mit braunem Sand bepudert. Vor allem während der schnellen Temperaturwechsel bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang knackt und knarzt es um uns herum. Es hört sich an, als ob jeden Moment große Salzbrocken losbrechen und die Hänge runterrauschen werden. Also besser Abstand zu den Felsen halten. Wir verbringen einen tollen Sundowner auf einem nahegelegenen Hügel und eine einsame Nacht inmitten dieser surrealen Landschaft bevor wir am nächsten Morgen zu der 90km entfernten Laguna Chaxa mit ihren Flamingos aufbrechen.






























Die Fahrt zu der Lagune führt uns durch eine der kargsten und trockensten Landschaften, die wir bisher auf unserer Tour gesehen haben. Und doch leben hier Menschen und es wird (zwar in kleinem Stil) Wein angebaut…wie kann das denn funktionieren? Von woher bloß kommt das Wasser für die Weinstöcke des Viño de Atacama?
In der kleinen Stadt Toconao machen wir einen kurzen Kaffeestopp auf dem blitzsauberen Platz vor der putzigen, gedrungenen Dorfkirche.







Die Lagune selbst ist eigentlich eine kleine Salar. Über mehrere Kilometer nähern wir uns über Salz dem Zentrum der runden Lagune. Dort gedeihen prächtig, was für ein Wunder der Natur, kleinste Krebse in dem warmen Wasser und bieten den hier lebenden Flamingos ein reichhaltiges Buffet. Ganz nah kommen wir auf den angelegten Fußwegen den rosa Vögeln. Auf wirklich gut gestalteten Schautafel bekommen wir die geologische Entstehungsgeschichte solch einer Hochplateaulagune in den Anden und die darin lebende Fauna erklärt und können uns kaum von dem erhabenen Gestelze losreißen, sind wir doch auch ein bisschen schläfrig und träge unter der Mittagssonne von dem Zuschauen auf die Ruhe der spiegelglatten Lagune geworden.
Und da es in der Nähe keinen guten Übernachtungsplatz gibt, fährt uns Patricia kurzerhand zurück nach San Pedro auf den bewährten AndesNomad-Campingplatz und wir bleiben weitere zwei Tage bis zu unserer endgültigen Abfahrt (Tagesprogramm: siehe oben).
Unser Plan ist es, wieder zurück nach Argentinien zu fahren, während Heidrun und Friedrich mit Freunden, die in ein paar Tagen hier ankommen werden, nach Bolivien zu den Lagunen und der Salar weiterreisen werden. Am letzten gemeinsamen Abend bleibt die Küche kalt und wir gehen zusammen in San Pedro lecker Pizza essen.










Doch nun wird es wirklich Zeit, wieder neue Horizonte zu erkunden. Fast zwei Wochen haben wir die Gesellschaft wunderbarer Menschen und eine der für uns beeindruckendsten und trockensten Gegenden der Erde erleben dürfen. Wir konnten unsere Batterien wieder aufladen, Unwichtiges aus unseren Köpfen abladen und die weitere Reiseroute verfeinern. Es geht zurück nach Argentinien.
Über den gleichen Weg, den wir schon vor ein paar Wochen hierher nach Chile genommen haben. Über den Paso de Jama mit seinen 4800m Höhe. Doch vorher will der Anstieg bezwungen werden. In aller Frühe machen wir uns bei kühlen Temperaturen an die Klettertour. Nicht immer ganz schwungvoll, aber doch brav und ohne zu Murren erklimmt unser PuCe den Hügel hinauf auf erstmal 4200m, ohne dass die Temperatur des Motors bzw. Kühlwassers auch nur annähernd an den roten Bereich kommt. Und damit uns Menschen das auch nicht passiert, holen wir die Tüte mit den grünen Wunderblättern hervor. Vergangene Woche hat es hier oben geschneit; an vielen Stellen liegen noch große Schneefelder, die trotz der starken Höhensonne bisher nicht weggeschmolzen sind. Wir freuen uns über die kleine Abwechslung, machen jedoch weit weniger Sightseeing-Stopps als bei der ersten Überfahrt. Denn heute wollen wir Strecke machen.
Die Grenze überqueren wir in mittlerweile routinierter Weise. Ein trauriges Gefühl schleicht sich bei beiden von uns ein. Wir reisen heute das letzte Mal aus Chile aus. Was für ein beeindruckendes Land, welches wir in den letzten Wochen und Monaten ganz ausgiebig kennenlernen durften. Insgesamt sind wir 6 mal ein- und wieder ausgereist und haben viele Wochen hier verbracht. Aus unserer Sicht ein super Reiseland, für Europäer wirklich einfach zu erkunden. Sehr abwechslungsreiche Landschaften von Feuerland ganz im Süden, der Torres del Paine Nationalpark, die abenteuerliche Traumstraße Carretera Austral, die geruhsame Isla Chiloé und die Osterinsel mit Südseeflair, über die bezaubernde Seen- und Vulkanlandschaften der Siete-Lagos-Region, die Städte Santiago de Chile und Valparaíso bis hinauf in den Norden in die Atacama-Wüste durften wir entdecken und erleben.
Nach einem starken Kaffee bei der YPF-Tankstelle an der Jama-Grenzstation, schaffen wir es tatsächlich am späten Nachmittag noch bis zu den Grande Salinas. Die Touristen sind schon weg, die Guides und Souvenirhändler schließen gerade ab. So verbringen wir erneut eine ruhige Nacht auf dem Parkplatz mit einem grandiosen Blick über die weite Salzfläche.
Ab hier geht es für uns erst mal runter „ins Tal“. Die krassen, steilen Serpentinen hinunter auf Purmamarca zu. Die Bremsen haben auch diesmal durchgehalten. Und damit wir weiter durchhalten, schlendern wir durch den Ort auf ein Café am zentralen Marktplatz zu. Coca-Tee und warme Medialunas. Genau richtig jetzt. Die Pullis können wir nun auch ausziehen. Es ist spürbar wärmer hier unten.
Am Parkplatz treffen wir auf eine vierköpfige argentinische Musikerfamilie, die mit ihrem uralten, selbst umgebauten Camper undefinierbarer Marke unter all dem Rost und noch dazu mit völlig profillosen Reifen auf dem Weg nach San Pedro ist. Obwohl Christian anderer Meinung ob des Zustandes ihres Fahrzeuges war, schaffen sie es tatsächlich, wie wir zwei Tage später per Whatsapp von ihnen mitgeteilt bekommen werden. Was sind wir froh für die vier und müssen uns eingestehen, dass wir selbst immer noch einen langen Weg hin bis zu völliger Tiefenentspanntheit und Coolness vor uns haben. „Probleme von morgen lösen wir morgen“ ist uns wohl noch nicht ganz in Fleisch und Blut übergegangen.





















Hinter Purmamarca biegen wir auf der Ruta 9 nach Norden Richtung bolivianischer Grenze auf terra incognita. Die Quebrada de Humahuaca liegt vor uns. Aber nicht mehr heute. In Tilcará lassen wir es gut sein und richten uns nach anfänglichem, etwas schweißtreibenden Zirkeln durch die engen Dorfstraßen auf dem örtlichen Campingplatz gemütlich ein.
Wir lernen Tomma und Julian aus Paderborn kennen, die ihre Reise vor vielen Monaten in Kolumbien begonnen haben und schon Teile Boliviens und Brasiliens durchfahren haben. Für uns ein Quell wichtiger Informationen. Nach einem langen gemeinsamen Abend fühlen wir uns ermutigt und gut gerüstet, nun doch auch über Bolivien an die brasilianische Grenze und weiter ins südliche Pantanal zu reisen, bevor es über einen großen Schlenker durch Paraguay zurück nach Uruguay gehen wird.
Tilcará präsentiert sich uns – trotz ihrer Abgeschiedenheit so weit im Nordwesten Argentiniens – als quirlige, lebendige kleine Stadt. Heute ist Dienstag und scheinbar Markttag, obwohl der Strom im Ort seit dem frühen Morgen ausgefallen ist. Von überall her hören wir die Verkäufer aus ihren Buden die besten Angebote herausrufen (die Lautsprecher funktionieren ja nicht – Stromausfall!), Grundschulklassen singen „a capella“ auf dem Markplatz zu ihren einstudierten kleinen Theaterstücken und die Sonne scheint uns wärmend ins Gesicht. Wow…was für eine schöne Überraschung.
Mit Tüten voller frischer Einkäufe schlendern wir zurück zum Auto und machen uns auf den Weg zum südlichen Wendekreis, dem Wendekreis des Steinbocks (tropic of capricorn) bei 23,5° südlicher Breite. Hier steht die Sonne zur Sommersonnenwende auf der Südhalbkugel, also am 21. Dezember, im Zenit. Weiter südlich geht es für sie nicht.
Am Straßenrand markiert diese Stelle eine riesige Betonskulptur, die wohl eine übergroße Sonnenuhr darstellen soll. Fotos sind natürlich Pflicht. Ab jetzt befinden wir uns offiziell in der Zone der Tropen, obwohl wir noch nicht viel davon spüren.








Am Nachmittag, beim Örtchen Uquía, finden wir uns um 15 Uhr zu einer geführten Wanderung durch die Quebrada de las Señoritas (die Fräuleinschlucht) am Rangerhaus ein. Die nächsten drei Stunden folgt unsere kleine Gruppe dem kenntnisreichen Führer durch eine farbenfrohe, halbwüstenartige, schroffe Landschaft, die kontrastreich zwischen allen Rot- und Grautönen vor dem Hintergrund des knallblauen Himmels changiert. Immer wieder bekommen wir die Bedeutung der hier vorkommenden Pflanzen für die indigene Medizingewinnung erklärt. Diese Pflanze gegen Bauchschmerzen, die nächste für ein besseres Blutbild, etc. etc.. Schwer zu verstehen ist er ja schon, unser Guide; die Backen mit wohltuenden Cocablättern vollgestopft nuschelt er leise auf uns ein. Selbst die mitwandernden Argentinier fragen ein ums andere Mal zum besseren Verständnis nach. Wir begnügen uns daher mit einer groben Vorstellung des soeben Erzählten und genießen stattdessen die Aussicht in vollen Zügen.
Zwei Highlights liegen noch vor uns. Der tiefe Cañon de Quebrada de las Señoritas und die Quebrada de las Señoritas selbst. Dem ersteren folgen wir auf seinem Grund durch unzählige Kurven und Biegungen den mäandernden Weg hinauf bis zu seinem Ursprung. Ein riesiger Wasserfall speit in der Regenzeit große Wassermengen in die enge Schlucht, die dann das weiche Gestein immer tiefer und tiefer auswaschen. Erinnert sehr an den Antelope-Canyon im Norden Arizonas. Leider steht die Sonne schon etwas tief am Horizont und im Canyongrund können wir die Farbenpracht des mittlerweile im Schatten liegenden roten Gesteins zum Teil nur erahnen. Viele Fotos machen wir trotzdem und verweilen lange in der stillen Schlucht!
Bevor es dämmrig wird mahnt uns unser Führer zur Eile, denn wir wollen noch die Señoritas erreichen. Dafür müssen wir nochmal kräftig Luft holen, denn es geht steil bergauf durch enge Passagen zu einer legendenumwobenen schneeweißen Felsformation, die an weibliche Formen erinnern sollen…vielleicht ist unsere Blickrichtung nicht ganz ideal…wir sehen weiße, spitze Felsnadeln…wenig Weiblichkeit…
Soweit wir verstehen, kamen hier der Legende nach junge Inka-Damen (vielleicht Prinzessinnen) ums Leben, nachdem sie auf der Flucht vor den spanischen Invasoren versucht hatten, den mitgeführten Goldschatz in diesem zerklüfteten Gebirge zu verstecken. Nachdem dies wohl geglückt ist (Schatz erfolgreich versteckt), haben sie ihr Leben in märtyrerischer Weise den Kriegern angeboten ohne vorher das Versteck zu verraten. Die Götter hätten dann zu Ehren dieser selbstlosen Frauen mit den Tränen ebendieser die Felsen weiß gefärbt. Soweit die mündlich überlieferte Legende…oder was wir davon verstanden haben. Den angeblichen Goldschatz sucht man jedenfalls bis heute.
Als wir zu unerem Stellplatz ein paar hundert Meter vor dem Eingang zu den Señoritas zurückkommen, ist die Freude groß. Auch Tomma und Julian haben sich entschieden, hierher zu fahren und stehen nur ein paar Meter weiter den Hang hinunter. Und so bekommt unsere weitere Tourplanung bei einer gemeinsamen Flasche Rotwein noch den nötigen Feinschliff.
Gute 100km hinter Humahuaca, unsere letzte, größere Versorgungsmöglichkeit vor Bolivien, verbringen wir eine weitere sternenklare, einsame Nacht vor einer immensen Sanddüne (eigentlich sind das große Sandmassen, die an eine Bergflanke hingeweht wurden).
Wir haben das riesige Land Argentinien von Ushuaia, dem südlichsten Punkt, bis zum fast nördlichsten Grenzübergang La Quiaca durchquert. Ohne unsere Umwege über Chile wären das genau 5121 Straßenkilometer auf der Ruta 40 gewesen.
Doch nun juckt es uns, endlich das Abenteuer Bolivien zu beginnen.
Ein für uns neues Land, für das wir uns im Vorfeld eigentlich nicht vorbereitet haben. Wir dachten ursprünglich, dass wir (noch) langsamer unterwegs sein werden…
Sowohl Iris & Pavel als auch Tomma & Julian haben uns von der Schönheit und der Diversität des südamerikanischen Binnenlandes zwischen den kolossalen Anden und dem tropischen Amazonasbecken vorgeschwärmt.
In der Grenzstadt La Quiaca bunkern wir an der örtlichen YPF-Tankstelle ein letztes Mal Diesel und Trinkwasser auf argentinischem Boden. Mit wirklich randvollen Tanks sollten wir ein paar Tage auskommen, bis wir uns in Bolivien zurechtfinden und wieder größere Städte mit (hoffentlich) guten Versorgungsmöglichkeiten erreichen werden.















